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Wer an Projektablaufpläne von Baustellen denkt, hat wahrscheinlich sofort die wohlbekannte Oberfläche von MS Project im Sinn mit Gantt-Diagramm und der immer gleichen Frage im Kopf: “Welcher Prozess war jetzt nochmal davor und wo muss der Pfeil hinzeigen?” Gerne wünscht man sich noch einen zweiten oder gar dritten Bildschirm hinzu, um nicht den Überblick zu verlieren.

Ein anderer Ansatz ist LEAN-Construction. Dabei geht es darum, die Methoden des LEAN-Managements mit den Prozessen und Anforderungen der Bauwirtschaft zu kombinieren. Ursprünglich ist LEAN eine Sammlung von Methoden und Konzepten, die aus dem Industriebereich heraus entwickelt wurden. Wirtschaftswissenschaftler des MIT haben in den 1990ern zum ersten Mal dieses Phänomen untersucht und dabei besonders bei Toyota herausragende Strukturen analysiert und aufgedeckt, die das Grundkonzept von LEAN-Management umreißen:
“Die Gesamtheit der Denkprinzipien, Methoden und Verfahrensweisen zur effizienten Gestaltung der gesamten Wertschöpfungskette industrieller Güter.” Mit dieser Definition im Hinterkopf ergibt sich auch eine geeignete Deutsche Übersetzung mit “Schlankem Management”.

Doch was macht der LEAN-Construction Ansatz konkret aus auf der Baustelle?

Zunächst erfordert LEAN-Construction es, den gesamten Prozess zu betrachten. Das holt die Projektbeteiligten früh aus ihrer jeweiligen Expertisenecke heraus und ermöglicht den Prozess ganzheitlich zu betrachten. Bisher werden Bauabläufe größtenteils mit vielen Gewerken gleichzeitig koordiniert und strukturiert. Doch durch den Blick auf den gesamten Ablauf und die Überwindung eines projektorganisatorischen Klein-Kleins ergibt sich schnell eine ganz neue Perspektive. Unter der Anwendung der LEAN-Methode gestaltet sich die Errichtung einer Baustelle eher in verschiedenen Sektionen, vergleichbar mit Bauteilen eines Autos. Diese erfordern verschiedene Bearbeitungsschritte zur Herstellung. Die Schritte können in Takte eingeteilt werden. Jeder Schritt benötigt dabei eine gewisse Zeit. So ergibt sich sich aus Bereich und Takt immer eine Kolonne die eine gewisse Aufgabe erfüllt. Bei Taktwechsel, wechseln die Aufgaben und die Kolonne.

Ein Beispiel: Die Gewerke des Innenausbaus sind nach der Fertigstellung des Rohbaus eines mehrstöckigen Gebäudes als nächstes dran. Beim LEAN-Construction beginnen nun in der obersten Etage die TGA-Installationen. Nach der Fertigstellung zieht die Kolonne um ins untere Geschoss. Oben hingegen folgen die Putzarbeiten. Beim nächsten Taktwechsel rücken die Kolonnen wieder eine Etage nach unten vor. Als dritte Kolonne folgen die Malerarbeiter. So setzt sich der Prozess fort.

Somit lässt sich mithilfe des LEAN-Managements der Fertigungsprozess effizienter und zielgerichteter steuern. Genau das ist auch das Ziel: Die ressourcen-ineffizienteste aller produzierenden Industrien muss sich bessern, was die Einsparung von Zeit, Geld und Materialien betrifft. Nicht erst seit dem BER Desaster ist diese Wahrheit zu Tage gefördert wurden, doch hier wurde sie besonders bewusst.

Es ergeben sich durch dieses Vorgehen taggenaue Auflösungen, welche Aufgaben wo auf der Baustelle zu erledigen sind. Und das fast automatisch, nur durch die ganzheitliche Analyse des Prozesses.

Was bringt LEAN-Construction?

Der wohl größte Vorteil dieses Vorgehens liegt wohl in der engen Abstimmung der Partner, um das Verfahren vorzubereiten. Mehr als bisher ist man im Vorfeld des Spatenstichs darauf angewiesen, sich abzustimmen und die einzelnen Zeiten zueinander zu koordinieren.

LEAN-Construction birgt viele Potentiale für die Bauwirtschaft und neue Herausforderungen an Planer und Projektsteuerer. Doch die Mühen lohnen sich: Bereits jetzt werden bei Großprojekten relevante Erfolge erzielt.